Pressespiegel - Offene Blende

Aus der Amazon.de-Redaktion

Christiane geht in den 80ern aus der DDR nach New York, angeblich um zu heiraten. Doch sie sucht diesen Amerikaner, der sie bereits als Ehefrau eingeplant hatte, nie auf. Anfangs übernachtet sie in einem Obdachlosenheim, später bringt sie sich mit kellnern durch. Schließlich lernt sie Jeff kennen und baut mit ihm eine Avantgarde-Bühne auf. Da ist sie schon zu "Jo" geworden, und die junge westdeutsche Fotografin Leah, die sich in den 90ern in diese rätselhafte ältere Frau verliebt, wird den verschütteten Teil ihrer Biografie erst nach und nach in Erfahrung bringen. Bekanntlich konstituiert sich Identität über Sprache. Jemand, dessen Identität durch einen Kulturschock, wie er sich gravierender kaum denken lässt, zersplittert ist, wird in der (Fremd-)Sprache kaum das Mittel finden, um Kohärentes auszudrücken. Wenn Jo spricht, ist es folglich ein poetisches, verhüllendes Sprechen. Auch ihre Theaterarbeiten zeigen nur die flüchtige Wortlosigkeit, in der viele Menschen leben, ohne es sich einzugestehen. Identität verändert sich und das ist weder gut noch schlecht, höchstens schwierig. Dass sich der Dramaturgin mit Leah eine Fotografin hinzugesellt, lässt dieses Buch noch visueller funktionieren, was der Leserin eine dauerhaft hohe Umsetzungsleistung von Sprache in Bilder abverlangt. Antje Strubel ist eine ausgezeichnete Schriftstellerin. Sie beherrscht das Schreiben so klar, dass es seinesgleichen sucht, ansatzweise wie Patricia Highsmiths The Price of Salt. Was macht man jedoch mit einem Buch, das meisterhaft, aber nicht amüsant ist? Man konsumiert es nicht beschwingt, sondern die Geschichte setzt sich einem auf die Brust und zwingt einem ihr beharrlich erzähltes Eigenleben auf. Liest man weiter, oder schlägt man das Buch zu? Schlägt man es zu, bleibt das sichere Gefühl, etwas verpasst zu haben. Unser Ratschlag: Lesen Sie dieses Buch, auch wenn es anstrengt. Eine so außergewöhnlich eigensinnige Stimme wie Antje Strubel wird noch weiter auf sich aufmerksam machen.
Stephanie Sellier

 

Once upon a time in the west: Christiane, eine Theaterregisseurin, kommt aus Deutschland in die fremde Stadt New York, schlägt sich als Kellnerin durch und lernt dabei Jeff kennen. Wahrscheinlich ein schöner Mann, sicherlich ein lieber. Einer, der nach zwei Blicken und drei Worten schon genau weiß, worauf es ankommt: Christiane braucht ein Theater, aber sie kennt sich nicht aus in der Stadt, und so muß Jeff ihr helfen. Im Handumdrehen hat er ein völlig abgewracktes Gebäude aus rotem Ziegelstein gefunden, das billig zu mieten ist. Dieses zu renovieren, bedeutet zwar ein bißchen Arbeit, aber Jeff glaubt daran, daß alles machbar ist, wenn man nur will. Jeff ist ein Glücksfall.

Mit Leah ist es schwieriger. Leah ist Fotografin, und zunächst will sie vor allem ein Foto von Christiane. Christiane aber haßt Fotos. So sehr, daß sie der fremden Frau den Fotoapparat aus der Hand schlägt, und prompt ist ein Sprung im Gehäuse. überhaupt fängt das alles nicht gut an: so unversöhnlich, wie die beiden sich gegenüberstehen, so unkenntlich sie sich sind, und das alles in einem fremden Land und in einer fremden Sprache. Es hat aber auch seinen besonderen Reiz.
Ilja Braun, EDiT

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